Back to the future

Hallo liebe Leute,

die Schulzeit liegt bei mir ja schon etwas zurück 🙂 und inzwischen hat sich (zum Glück) viel geändert. Allerdings gibt es Entwicklungen, über die wir diskutieren müssen, finde ich. Das sogenannte “Turbo”-Abi ist 2008 eingeführt worden und hat die Zeit für die Bremer Schülerinnen und Schüler auf Gymnasien auf 8 Jahre (G8) verkürzt.  Ich habe inzwischen große Zweifel, dass sich dieser Schritt bewährt hat. Im Gegenteil: Ich glaube, ein Gros der Schülerinnen und Schüler hat Nachteile dadurch. Darum habe ich im Gespräch mit dem Weser Kurier gefordert, dass wir unseren Schülern wieder ein Jahr mehr Zeit geben und zu G9 zurückzukehren.

Warum?

Die latente Kritik an G8 kennt wohl jeder von uns aus seiner Familie oder seinem Bekanntenkreis mit betroffenen Kindern, von Lehrern oder Eltern. Erstmals gibt es jetzt aber auch eine Studie, die Hinweise liefert, dass wir den Jugendlichen mit der Turbo-Schulzeit nicht unbedingt einen Gefallen tun. Die Kernaussage der Untersuchung der Uni Bremen von vor einigen Wochen ist folgende: Wer in Bremen Abitur macht,

  • schließt das Studium häufiger nicht ab als Studenten aus anderen Bundesländern
  • hat geringen Studienerfolg als Studenten aus anderen Bundesländern
  • wechselt häufiger den Studiengang als Studenten aus anderen Bundesländern
  • hätte bessere Chancen, wenn er sein Abitur anderswo gemacht hätte

Offensichtlich sind also Bremer Abiturienten weniger “studierfähig” – wie es so schön im Politikjargon heißt – als ihre Altersgenossen aus anderen Bundesländern. Jetzt kann man sagen, ja, in Bremen, da ist eben die ganze Bildung Mist. Stimmt, wir haben viele Baustellen. Aber möglicherweise gehört auch zu der Erklärung, dass unsere Kinder einfach ein bisschen mehr Zeit brauchen. Gerade für Kinder aus sozial schwächeren Familien, die zu Hause vielleicht nicht die Unterstützung bekommen, die sie bräuchten,  wäre ein zusätzliches Jahr auch ein wichtiger Faktor für Chancengleichheit.

Ein Großteil der Argumente für die verkürzte Schulzeit von damals sind zudem weggefallen: Wir haben keine Wehrpflicht mehr. Und auch die Studienzeit ist durch den Bologna-Prozess verkürzt, d.h. die Absolventen stehen dem Arbeitsmarkt sowieso schon früher zur Verfügung. Das ist ziemlich technisch, für mich sind es darüber hinaus vor allem gesellschaftliche und soziale Punkte, warum ich eine Rückkehr zu G9 diskutieren möchte.

Ich kenne es aus meiner eigenen Familie: Der Leistungsdruck der Schüler ist so hoch, dass die gesamte Freizeit für Hausaufgaben oder das Lernen für Arbeiten verwendet wird. Die Unterrichtstage sind zudem oftmals sehr lang. Für Sport im Verein, Musizieren oder ehrenamtliches Engagement bleibt da kaum Zeit. Für die Persönlichkeitsentwicklung finde ich das aber enorm wichtig. Auch ein Schuljahr im Ausland, um Sprachen zu lernen und andere Kulturen zu erleben, ist unter diesen Bedingungen kaum noch möglich.

Gerade wenn wir feststellen, dass den Bremer Abiturienten offenbar notwendige Fähigkeiten zum Studieren oder für eine Ausbildung fehlen, müssen wir auch überlegen, wie wir die Berufsbildung an den Schulen verbessern können. Hamburg hat jüngst ein Unterrichtsfach “Berufsbildung” eingeführt. Das finde ich einen guten Ansatz, um das aber im übervollen Lehrplan unter zu bekommen , wäre ein Jahr mehr bis zum Abi Voraussetzung.

Eine Rückkehr zu G9 als Standard kann nicht von heute auf morgen stattfinden. Ich möchte meinen Vorschlag in der Partei diskutieren. Zudem müssen Ressourcen, also Klassenlehrer und Räume, sichergestellt sein, bevor man loslegt. Und natürlich sollen alle Kinder, die besonders schnell lernen, auch weiterhin das Abitur nach 8 Jahren machen dürfen. Diese Durchlässigkeit muss gewahrt bleiben. Aber den meisten der Jugendlichen tun wir nach meiner Überzeugung einen Gefallen, wenn wir das Abitur nach neun Jahren wieder zum Standard machen. Übrigens hat auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion in dieser Woche einen Antrag eingereicht, indem der Senat aufgefordert wird, zu prüfen, inwieweit eine Rückkehr zur 13-jährigen Schulzeit möglich und geeignet ist, die Chancen Bremer Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Wir werden das Thema also auch im Parlament diskutieren. Im Kern geht es mir darum, alles dafür zu tun, die Chancen unserer Kinder für eine erfolgreiche Ausbildung oder Studium zu verbessern.

Den Weser Kuriert Artikel findet ihr hier:
https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-cduspitzenkandidat-will-abi-nach-neun-jahren-_arid,1750785.html

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